Mittwoch, Februar 20, 2008

2nd shot für Trampas: Kollateralschaden, Strandurlaub, Emotionalisierung

So endlich komm ich zum zweiten Teil der Aufgabe :


Es war wieder einmal einer dieser Momente, in denen sich Lukas wünschte nicht an diesem Ort zu sein. Obwohl der Ort an sich soweit okay war, nur eben nicht an diesem Abend, in diesem Moment. Es nieselte und es war verdammt kalt. Aber er stand nun einmal da vor der Tür des „Goose“ und rauchte seine Zigarette. „Dieses verdammte Nichtrauchergesetz“ dachte er und ballte die Faust seiner linken Hand in der Hosentasche „wäre ich drinnen geblieben, hätte ich mir noch einen Gin-Tonic bestellt- alles wäre seinen normalen Weg gegangen. Aber nein, ich bin so ein Idiot und gehe raus, um alleine eine zu rauchen. Wie doof kann man eigentlich sein?“ Natürlich stand er nicht alleine vor der Tür. Um ihn herum drängten sich an die 20 Menschen vor der Eingangstür, um möglichst schnell ihrer Sucht nachzugehen. Ein konstantes Murmeln überzog die Gruppe, ab und zu ein kreischendes Lachen. Aber genau da lag ja das Problem. Es war so ruhig, dass man quasi problemlos jedem Gespräch lauschen konnte, wenn man nur wollte. Wahrscheinlich hätte Lukas auch einfach nur jemanden nach Feuer fragen sollen, dann wäre er ins Gespräch gekommen und wäre abgelenkt gewesen. Im Idealfall wäre dieser jemand ein Mädchen gewesen, ein hübsches dazu, und Lukas hätte den ersten Smirt seines Lebens gehabt. Gestern hatte er sich noch darüber lustig gemacht, also Mesut ihm erklärt hatte, dass es jetzt ein neues Phänomen gibt, dass Rauchen und Flirten verbindet- der Smirt. Jetzt hätte er einen gebrauchen können, aber im Grunde war es jetzt auch schon zu spät.
„Das kannst Du doch nicht ernst meinen. Weißt Du wie viele Menschen Du damit in den Ruin stürzt?“ „ Ach Quatsch, das sind doch nur Kollateralschäden. Du musst mal das große Ganze sehen. Wir verdienen da richtig Asche!“ Das war das erste was Lukas aufschnappte. So schlimm das auch klingt, aber genau das hatte ihn auch so neugierig gemacht. Wer hat das gesagt? Worum ging es dem Gespräch? Er versuchte sich möglichst unauffällig umzudrehen und sah in die Richtung aus der diese Worte kamen. Er wusste nicht warum, aber für ihn kamen sofort nur diese zwei Typen für so ein Gespräch in Frage. Der eine war der Typ klassischer BWL Student: Goldener Brilli im Ohr, rosa Poloshirt mit hochgeklappten Kragen, blonde Haare mit viel zu viel Gel. Der andere war sein Ebenbild nur dunkelhaarig und mit einem Mantel bekleidet. Zwei ganz normale Hamburger Lackaffen eben. Oder doch nicht? Lukas bewegte sich in Richtung Aschenbecher um seine Zigarette los zu werden. Er war sich auch im klaren darüber, dass er eigentlich schon viel zu viel gehört hatte um sich noch einigermaßen entspannt aus der Situation zu retten. Natürlich hätte er reingehen können, schnell noch ein paar Biere trinken- und alles wieder vergessen können. „Aber was heißt schon alles?“ dachte er in sich hinein. „Im Grunde war das doch nichts. Ich weiß nichts. Ich kenne die beiden nicht, ich habe nur einen Satz (oder zwei) gehört. Ich habe nichts damit zu tun!“ Aber Lukas hat nun mal eine Macke, er war schon immer neugierig. Schon damals, als er im Strandurlaub auf Norderney mit seinen Eltern war, da hat er sich immer mehr beim Essen mehr für das Gerede am Nachbartisch interessiert als für sein Essen. „Lukas, jetzt lass deine Ohren vom Nachbartisch!“ hatte seine Mutter dann immer gezischt. „ Lukas, jetzt starr da nicht so rüber! Die Leute gucken schon!“ Aber er konnte nicht anders. So war er eben und so ist er auch noch heute. Er muss einfach immer wissen worum es geht. Auf dem Weg zum Aschenbecher durchfährt ihn eben dieses Gefühl der Neugier erneut. Er schafft es nicht einmal seinen Zigarettenstummel zu entsorgen. Irgendetwas in ihm treibt ihn auf die beiden Jungs zu. Irgendetwas in ihm zwingt ihn den Blickkontakt zum Blonden zu suchen. Und dann ist alles zu spät.
„Is´ was?“
„Darf ich fragen worüber ihr beiden sprecht?“
„Fragen darfst Du. Wir sagen es Dir aber nicht.“
„Wieso das denn nicht?“
„Alter, hast du n Nagel im Kopf. Es geht Dich nichts an. Also verpiss Dich!“
„Warum wird Du denn gleich so aggressiv? Ich will doch nur wissen, warum Du nicht bei der Sache mitmachen willst, die dein Kollege sich offensichtlich so prima ausgedacht hat. Nein, vielmehr will ich erstmal wissen was genau die Idee eigentlich ist. Muss ja ein großes Ding sein.“
Schweigen. Die beiden tauschen einen kurzen Blick aus. Lukas kommt einen Moment lang zu klaren Gedanken und denkt darüber nach, dass es eventuell keine so gute Idee war, die beiden hier so anzusprechen. Als er gerade darüber nachdenken will, dass es eventuell auch ein, zwei Bier zu viel waren, die sein Mundwerk haben so locker werden lassen, packt ihn auf einmal eine Hand von hinten an der Schulter.
„Sag mal Lukas. Kriegst Du noch was mit? Wir warten da drinnen seit fast ´ner halben Stunde auf Dich am Kicker. Jenny ist auch gerade gekommen.“ Mesut blickt verstört die beiden Jungs an. „ Wer sind eigentlich die beiden Nasen?“
„Lass mal Mesut, ich habe…“, will Lukas gerade ansetzen
„Nasen? Was seit ihr beiden eigentlich für Komiker? Wenn ihr nicht bei drei weg seit, dann habt ihr ein echtes Problem“, der Blonde Brilli-im-Ohr Junge scheint die Sache ernst zu meinen, denn er beginnt genüsslich seinen Lederhandschuhe zu massieren.
„Okay, okay. Am besten kommt ihr mal ein bisschen runter. Mir ist das hier gerade alles ein wenig zu emotionalisiert. Ich komme hier raus und will nur meinen besten Freund reinholen. Der Lukas ist ne treue Seele. Manchmal ein bisschen durch den Wind, aber im Grunde ´n liebenswerter Kerl….“
“Seit ihr beiden schwul oder was?“, blafft der Nicht-Blonde. Der Blonde grinst nur.
"Hör mal zu Filzmantel, selbst wenn wir homosexuell wären, wäre das in diesem Moment nicht die richtige Frage. Viel wichtiger ist doch warum ihr beiden hier meinen Mann Lukas vom Kickern mit der schönen Jenny abhaltet. Ihr kennt euch offensichtlich nicht. Und ich denke nicht, dass ihr in zu einer geistreichen Gesprächsrunde eingeladen hat. Gras habt ihr wohl auch keines. Also warum um alles in der Welt komme ich raus und sehe Lukas mit zwei Typen wie euch hier rum stehen?“
„ Digger, dein komischer Freund hier hat uns erst belauscht und wollte dann auch noch wissen worüber wir gesprochen haben. Wir haben den ganz bestimmt nicht zu uns eingeladen. Und nur zur Information, wir haben sehr wohl was zu rauchen.“

Mesuts Blick sagte Lukas mehr, als das „Nicht schon wieder!“, das er für gewöhnlich und von einem sowohl genervten wie auch mitleidig gemeinten Seufzer begleitet in Situationen wie diesen zu ihm raunzt. Lukas wusste auch schon vorher das er mal wieder Scheiße gebaut hatte und dieser Blick machte die Situation nicht eben angenehmer für ihn. Er sah nur noch eine Lösung um sich und Mesut halbwegs gelungen aus dieser Situation zu retten. Nur ein lustiger Spruch konnte das ganze auflockern und wer wenn nicht er, der sowieso der Depp des Abends war, konnte ihn bringen.
„Oh geil, ich hätte dann gerne was für ´nen Zehner! Ihr könnt auch gerne mitrauchen wenn ihr wollt!“

Lukas spürte noch vor Beendigung des Satzes Mesuts vernichtenden Blick von der Seite. Der tat weh. Fast genauso wie der große, warme, schwarze Lederhandschuhhand der sich an seinen Augen vorbei auf seine Nase platzierte. Nein, der tat doch deutlich mehr weh. Das Licht ging aus und er zu Boden. Wahrlich nicht sein bester Spruch.

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